Hohe Stromkosten: Im Pockinger Rottwerk ist der Ofen aus
Heute bin ich bei der RW Silicium GmbH in Pocking, einem Siliziumwerk im Landkreis Passau – im Volksmund auch Rottwerk genannt. Im wahrsten Sinne des Wortes ist hier am 1. Januar 2023 der Ofen aus. Ich bin im Gespräch mit dem Geschäftsführer Stefan Bauer.
Die rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen in Kurzarbeit gehen, denn wegen der derzeit horrend hohen Strompreise rechnet sich die Silizium-Produktion nicht mehr. Die vier Öfen werden daher noch in diesem Jahr komplett heruntergefahren. Auf lange Sicht soll es aber weitergehen.
Silizium ist ein gefragtes Halbmetall und wichtig für die Produktion von Solarzellen für Photovoltaikanlagen oder Microchips. Die Herstellung ist allerdings kosten- und energieintensiv. Im elektrischen Lichtbogenofen wird Quarz mit Kohlenstoff zu Silizium umgesetzt, da es in der Natur nur sehr selten vorkommt. Das aus diesem Prozess entstehende Produkt wird dann in vielen Bereichen gebraucht: in der Silikonchemie, in der Mikroelektronik und eben in der Photovoltaikindustrie. Alles Zukunftstechnologien, die nicht zuletzt eine große Rolle für die Energiewende spielen.
Die derzeit sehr hohen Strompreise bringen das Rottwerk in Notlage. Ein Rechenbeispiel veranschaulicht dies. Das Werk braucht zur Produktion einer Tonne Silizium 15.000 kW/h Strom. Der zu erwartende Großhandelspreis für Strom im kommenden Jahr wird laut Bauer bei etwa 50 ct pro kW/h liegen. Wenn man nun diesen Preis mit 15.000 multipliziert, kommt man auf Stromkosten von rund 7.500 € für eine Tonne Silizium. Rohstoff- und Personalkosten kommen noch dazu, so dass man unterm Strich auf einen Herstellungspreis von über 11.000 € pro Tonne kommt. Zum Vergleich: Der Marktpreis in Europa liegt bei rund 3.700 €. In Ländern wie China kann man günstiger produzieren. Da kann das Pockinger Unternehmen bei diesen Strompreisen nicht mithalten.
Europa braucht rund 500.000 Tonnen Silizium jährlich. Die Hälfte davon wird allein in Deutschland benötigt. RW Silicium GmbH ist der einzige deutsche Hersteller von Silizium. Der Standort Pocking ist eigentlich der ideale Produktionsort. Der Rohstoff Quarz, der zur Herstellung des Siliziums benötigt wird, kommt aus dem Bayerischen Wald, Tschechien oder Österreich. Also relativ kurze Transportwege.
Regional ist optimal!
Der größte Abnehmer ist WACKER Chemie im bayerischen Chemiedreieck.
Das oberste Ziel des Geschäftsführers ist der Erhalt der Arbeitsplätze. Das Unternehmen ist solide aufgestellt und die Auftragsbücher voll. Da müssen wir mithelfen, dass das Unternehmen den Mitarbeitern die Kurzarbeiterregelung geben kann, die momentan noch nicht trägt.
Der Produktionsstillstand soll mit Kurzarbeit überbrückt werden. Die Beschäftigten werden Aufgaben wie Instandhaltung und Sicherungsmaßnahmen in der Zeit übernehmen.
Ich will mich dafür einsetzen, dass die Anspruchsgrundlage für die Kurzarbeit in Pocking, nämlich die zu hohen Strompreise, als solche auch anerkannt werden.