Alles in allem dauert die A94 doch ganz schön lang. Eine schnelle Erfolgsgeschichte schaut anders aus.
Scheuer: Ohne Zweifel. Aber wir haben versprochen und gehalten. Dort wo Baurecht ist, wird gebaut. Es gab früher viel Nein wegen der Finanzierung. In den letzten zehn Jahren aber haben wir die Investitionen im Verkehrsbereich verdoppelt, davon profitiert die Region massiv. Heute ist es aber nicht mehr ganz so einfach, Infrastrukturprojekte planerisch zu realisieren, denken wir nur an den Brenner-Nordzulauf. Bei der A94 haben wir länger gebraucht, aber wir haben immer gebaut, wenn Baurecht vorlag. Der Abschnitt Pocking hat länger gedauert, weil man eine Lösung für den Kiebitz und den umfassenden Naturschutz finden musste.
Wann kann man denn mit dem Simbacher Abschnitt rechnen?
Scheuer: In der zweiten Hälfte der Dreißigerjahre müssen wir fertig sein. Wir haben bei einem Abschnitt in Rekordzeit die Planungsvorlagen freigezeichnet, da ist alles im Verfahren. Bei einem Bereich liegt schon eine halbe Autobahn da, da geht es um die Vervollständigung. Das Schlüsselstück ist der Abschnitt durch das Stadtgebiet Simbach. Da sind wir in guten Gesprächen mit der Stadt. Dann müssen wir möglichst schnell Baurecht bekommen. Es wird ein komplizierter Bauablauf werden, aber die Aufgabe ist gestellt. Es hängt viel davon ab, ob wir einen juristischen Weg gehen müssen. Die politische Auseinandersetzung wird zeigen, wer für Entwicklungsachsen steht, wer für Infrastrukturrealisierung steht, oder wer das stoppen oder behindern will.
Wie sieht denn moderne Mobilität aus, auch angesichts der politischen Diskussionen um Energie und Klima. Sie sehen da ja Niederbayern als Vorreiter.
Scheuer: Wenn ich es ganzheitlich sehe, dann kann diese schlimme Corona-Zeit einen neuen Aufbruch für Niederbayern bedeuten. Mobilität der Zukunft, das sind alternative Antriebe, sind synthetische Kraftstoffe. Niederbayern muss sich aufmachen, das Automobile-Industriezentrum Europas zu werden. Mit Wasserstoff und Elektromobilität können wir das schaffen. Nicht nur von den großen Herstellern her, sondern auch von den Zulieferern. Moderne Mobilität ist technologieoffen, ist verkehrsträgerübergreifend. Dazu gehört selbstverständlich auch der intensive Ausbau der Schienenstrecken. Ich möchte, dass man von Passau nach München nicht über eine Regionalbahn fährt, sondern langfristig mit einer attraktiven Fernbahnverbindung. Dazu muss der Freistaat Bayern die Voraussetzungen schaffen, die Flaschenhälse zwischen Freising und München zu entfernen. Das ist der Fahrzeitblocker. Dafür trete ich ein.
Sie sehen also positive Aspekte dieser Krisenzeit?
Scheuer: Für den ländlichen Raum hat z.B. das Thema Homeoffice nach Corona einen ganz anderen Stellenwert. Vorher konnte man sich nicht vorstellen, dass ein Pendler einfach daheim bleibt. Heute haben wir im ländlichen Raum mehr Chancen bekommen. Die Arbeitswelt wird sich so ändern, dass man nicht im Büro im Münchner Norden sitzen muss, sondern auch daheim. Dafür brauchen wir Infrastruktur. Diesen Schub müssen wir jetzt mitnehmen in einen neuen Aufbruch Niederbayern, und für Technologiesprünge bei Mobilität und Digitalisierung sorgen. Dann vererben wir der jungen Generation so viele Chancen, dass sie hier bleibt.
Der ländliche Raum quasi als Mobilitäts-Vorreiter?
Scheuer: Ich möchte, dass bei uns die Produktion stattfindet, mit der wir die Welt versorgen, mit moderner, sauberer Mobilität. Wenn wir das Wasserstoffzentrum in Pfeffenhausen bekommen, wenn wir den Bereich synthetische Kraftstoffe in Straubing in den Focus nehmen, dann können wir die Region zum ganzheitlichen Mobilitätsanbieter machen. Und vielleicht wird hier neben dem Medienzentrum der nächste große Automobilhersteller sein. Über den Bereich Lkw-Versorgungsfahrzeuge, vielleicht wird das der Hidden Hero, der jetzt in die Förderprogramme greift, um dann morgen ein großer Automobilhersteller zu sein.
Dass der Niederbayer Scheuer sich so um Niederbayern kümmert, kommt andernorts weniger gut an. Da wird geunkt, dass Sie ihre Heimatregion übervorteilen und überdurchschnittlich viel Geld herschaffen?
Scheuer: Diese Kritik freut mich. Es ist mein Job, dass ich in meiner Heimat ein Auge auf große Investitionen habe. Das betrifft ja ganz Bayern, ich nenne nur die maßgebliche Entscheidung für das Deutsche Zentrum für Mobilität (DZM) in München mit 400 Millionen Euro. Da haben wir ein Schaufenster für made in Germany für die Welt. Wir haben dort die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft mit der Politik und Verwaltung. Der Hebel daraus sind Anwendungen der Wasserstofftechnologie.
Ein ambitioniertes Programm, das über die Wahl hinausreicht. Wollen Sie sich weiter dem Verkehr widmen?
Scheuer: Ich trete zur Bundestagswahl an, hoffe zum erneuten Mal auf die Unterstützung der Bürger im Wahlkreis Passau, Vertreter dieser Region sein zu dürfen. Mobilität der Zukunft fasziniert mich. Das größte Investitionsministerium des Bundes tut gut. Wir können vielfach belegen, dass wir erfolgreich für die Zukunft gearbeitet haben. Ich kann die Thematik mobil und digital verbinden. Der Mix macht es. Dafür werde ich kämpfen, dass ich in der nächsten Periode die Gelegenheit gebe, die vielen Projekte, die ich angestoßen habe, weiterzuführen.
Haben Sie denn das Mautthema schon aus den Kleidern geschüttelt?
Scheuer: Fakt ist, dass ich Gesetz umgesetzt habe. Das Gesetz, dass in der letzten Periode beschlossen wurde, wurde vom EuGH zum Scheitern gebracht, leider. Politik lebt vom Streit und vom Wettbewerb. Die Opposition macht sich zum Handlanger der Betreiberunternehmen. Von den 560 Millionen Euro ist vom Bund kein einziger Euro gezahlt. Die Opposition nimmt die Zahl der Betreiberfirmen in den politischen Diskurs. Die Koalition sagt, es waren die Entscheidungen vertretbar, die Gegenseite verneint das. Wir weisen alle Forderungen der Gegenseite zurück. Es war eine sehr harte Zeit, die auch persönlich an mir nicht spurlos vorübergegangen ist, aber man muss die Leistungsbilanz sehen, und die ist in vielen anderen Bereichen sehr vorzeigbar.
Was tut sich auf der A3?
Scheuer: Wir sind zwischen Deggendorf und Hengersberg mit einer neuen Donaubrücke und dem Ausbau im Verfahren. Nach dem Bundesverkehrswegeplan ist der weitere Bereich zwischen Hengersberg und Aicha im nur weiteren Bedarf, aber glücklicherweise mit Planungsrecht. Es darf nicht gebaut, aber es kann geplant werden. Da werde ich jetzt den Auftrag geben, dass dort der sechsspurige Ausbau der A3 planerisch in Angriff genommen wird.
Ein Medizincampus Niederbayern nimmt immer konkretere Formen an. Welchen Stellenwert hat dieses Projekt?
Scheuer: Das Projekt hat oberste Priorität. Da sind wir auch auf einem richtig guten Weg. Das Thema ist gesetzt. Jetzt wird es zügig gehen. Wir können hier etwas ganz Neues für eine gute Zukunft umsetzen.